Ich erzähle von dem entscheidenden Beitrag, den Drúdirs unsichtbare Geschwister zu meiner Entwicklung als Autorin geleistet haben und verteidige das oft belächelte Schreiben für die (virtuelle) Schublade.
Ich habe mein erstes Buch mit 13 geschrieben (und ein paar Jahre später in einem Anfall von Scham wieder gelöscht und auch alle Kopien vernichtet, was ich mittlerweile doch ein bisschen bereue). Es war genau die Sorte Buch, die man von einer 13-jährigen erwarten würde und ich bin froh, dass nicht einmal meine Eltern es lesen durften. Aber ich habe nie bereut, es geschrieben zu haben. Was ich daraus mitgenommen habe, war die Erfahrung, dass ich ein Buch beenden konnte (dass der Inhalt der 374 A4-Seiten von zweifelhafter Qualität war, hielt und hält mich nicht davon ab, stolz darauf zu sein) und die Erkenntnis, dass ich mir selbst ganz nebenbei 10-Finger-Tippen beigebracht hatte. Aber noch wichtiger waren die durch Versuch und Irrtum gewonnen Ansätze eines Wissens darum, was beim Schreiben funktioniert und was nicht.
In den nächsten beiden Jahren folgten zwei weitere Manuskripte, die beide unveröffentlicht in der Schublade gelandet sind. Na schön, bei Nr. 3 habe ich ein oder zwei Versuche gemacht, es Verlagen und Agenturen anzubieten. Ich bin erleichtert, dass nichts daraus geworden ist. Es war ein Buch, in dem einige interessante Ideen steckten und das ein gewisses Potenzial erkennen ließ, aber mehr auch nicht. Es ist ein Glück, dass Selfpublishing damals gerade erst dabei war, sich zu entwickeln. Ich hätte mich sonst möglicherweise dazu verleiten lassen, es damit zu versuchen – und Leser dieses noch etwas unbeholfenen Buches womöglich dauerhaft davon abgeschreckt, je wieder einen anderen Roman derselben Autorin in die Hand zu nehmen.
Aber wieder habe ich viel daraus gelernt, diese Bücher zu schreiben. Als ich begann, mich intensiver mit Schreiben auseinanderzusetzen und z.B. die Vorlesungen Brandon Sandersons ansah, den Podcast „Writing Excuses“ hörte oder die Artikel auf „Mythcreants“ oder „Fantasy Faction“ las, stellte ich fest, dass ich viele der Techniken und Überlegungen, die die Autoren dort analysieren und empfehlen, bereits verwendete, ohne mir dessen bewusst zu sein.
Ich kann diese Seiten/ Videos/ Podcasts nur empfehlen, allerdings glaube ich, dass sie mir weniger geholfen hätten, wenn ich das, was sie beschreiben, nicht in Beziehung mit meiner eigenen Schreibpraxis hätte setzen können. Sie haben mich auch in der Überzeugung bestätigt, dass man Schreiben nur durch Schreiben lernen kann: Brandon Sanderson hat 13 „Übungsbücher“ geschrieben, bevor eines seiner Werke veröffentlichungsreif war.
Meine ersten Romane haben mir nicht nur beigebracht, besser zu schreiben. Ich habe dadurch auch gelernt, effektiver zu überarbeiten und beim Lesen eines Buches nicht nur zu wissen, ob es für mich funktioniert, sondern auch wie und warum. Es hat aus mir eine bessere Rezensentin und mir während meines Praktikums in einer Literaturagentur beim Lektorieren geholfen.
Der Gedanke an eine Veröffentlichung war beim Schreiben dieser ersten Bücher ein glitzernder, aber weit entfernter Wunschtraum. Und das war gut so.
Ich finde es ein bisschen schade, dass Autoren, die erstmal oder vielleicht sogar ihr Leben lang für die Schublade oder nur ihre engsten Freunde schreiben, so oft belächelt werden und dass so viele junge Autoren sich unter Druck setzen, weil sie glauben, dass ihre Arbeit ohne eine Veröffentlichung nichts wert ist.
Eine Vergleich, um zu illustrieren, was ich meine: In meinem Zimmer steht eine Harfe, an der ich mit Begeisterung herumzupfe. Es gibt kleine Kinder, die mit mehr Talent und Fleiß spielen als ich, aber ich genieße es, mag das Gefühl, etwas zu lernen, oder einfach den Resonanzkörper der Harfe neben meinem Ohr schwingen zu hören. Aus demselben Grund habe ich jahrelang in Schulchören mitgesungen, greife hin und wieder nach dem Bleistift, um zu zeichnen, oder trainiere seit mittlerweile vier Jahren die japanischen Kampfkünste/ -Sportarten Iaido und Kendo. In keinem dieser Bereiche würde ich je ein großes Publikum finden (oder hätte es mit einem wütenden oder enttäuschten großen Publikum zu tun, wenn es mir unter Vorspiegelung falscher Tatsachen doch gelänge) – aber deshalb machen sie mir eher mehr als weniger Spaß. Und aus jeder dieser Aktivitäten habe ich etwas Anderes für mich mitgenommen oder tue es immer noch.
Und weil es mir mit meinem Schreiben ein Stück weit genauso geht, wäre es für mich kein Problem gewesen, wenn „Drúdir“ nicht seinen Weg ins Programm von „Edition Roter Drache“ gefunden hätte. Das Schreiben des Buches – und all seiner Vorgänger – hat mir bereits so viel Freude gemacht und mir so sehr dabei geholfen, mich auf vielen Ebenen weiterzuentwickeln, dass es sich auf jeden Fall gelohnt hätte.
Aber als „Drúdir“ fertig und lektoriert war, wusste ich, dass all die Arbeit, die ich – teilweise ohne es selbst zu merken – in meine Entwicklung als Autorin gesteckt hatte, Früchte getragen hatte und dass dieses Buch vielleicht mehr Leuten als mir und meinen Freunden und Verwandten gefallen würde. Ich war schon immer davon fasziniert, wie keine zwei Leser dasselbe Buch lesen, obwohl auf den Seiten vor ihnen die gleichen Worte stehen. Ich wollte mein Buch auf Menschen außerhalb meines (in vieler Hinsicht recht homogenen) engsten Umkreises loslassen und sehen, welche Gestalt die Geschichte in deren Köpfen annimmt. Geld mit dem Ganzen zu verdienen wäre auch nett gewesen, aber ich hatte genug recherchiert, um zu wissen, dass Schreiben sich in der Regel nicht lohnt, zumindest nicht finanziell. Also war Neugier mein primäres Motiv.
Aber die Resonanz war gut genug, um mich doch noch einmal einen Schwarm Bewerbungen an Verlage schicken zu lassen – mit bekannten Resultaten.