Bücher existieren nicht in einem Vakuum – sie bauen auf vorherigen Büchern auf, entwickeln Ideen und Konzepte weiter oder machen Dinge bewusst ganz anders oder beleuchten die Ränder vertrauter Geschichten. Ich finde diese Beziehungen zwischen Texten ziemlich interessant und habe mich entschieden, einmal öffentlich darüber nachzudenken, was mich beim Schreiben von „Das Buch der Augen“ beeinflusst hat.
Während für mich relativ offensichtlich ist, welche Bücher mich beim Schreiben der „Drúdir“-Romane geprägt haben (interessanterweise wenig Steampunk – ich bin erst durch das Schreiben in einem steampunkigen Setting wirklich intensiv auf das Genre aufmerksam geworden), sind die Inspirationen für „Das Buch der Augen“ subtiler und weitaus vager in ihrer Wirkung – tatsächlich steckt ein bisschen Raten in diesem Post.
1. „The Arcadia Project“
Vielleicht kein direkter Einfluss, aber eine große Ermutigung war für mich „The Arcadia Project“ von Mishell Baker – hier stellt die Autorin eindrucksvoll unter Beweis, dass Romane gleichzeitig eine mitreißende, witzige und clever konstruierte Urban-Fantasy-Geschichte erzählen und gleichzeitig ausführlich und empathisch erkunden können, was es bedeutet, mit einer psychischen Krankheit zu leben. Hier findet ihr meine Rezension zu dem ersten Band der Reihe.
2. „Grim“ und „Die Chroniken der Schattenwelt“
Ich bin in meiner Schulzeit über Gesa Schwartz’ Romane gestolpert und ich denke, meine Schilderung der „Grauzone“ ist ein wenig davon inspiriert, wie sie ihre Anderswelten schildert, auch wenn mein Weltenbau ganz anders ist. Ich wollte eine atmosphärische, von den Augen der Menschen verborgene Welt, die tödlich ist, aber auch mit ihren Geheimnissen und ihrer Schönheit lockt und ohne klare, transparente Regeln auskommt.
3. Non-Fiction
„Das Buch der Augen“ existiert auch, weil ich in der Zeit, in der es noch ein akutes Problem für mich war, einige Biografien und Selbsthilfebücher zum Thema Anorexie gelesen habe. Diese Bücher erfüllen einen bestimmten Zweck und machen das auch teilweise sehr gut, aber ich habe zunehmend gemerkt, dass ich gerne ein Buch gehabt hätte, dass sich auf andere Weise mit dem Thema auseinandersetzt – ich wollte einen Roman, der auf die seltsamen, erschöpfenden und beängstigenden Erfahrungen einer anorexiekranken Person eingeht, aber diese nicht zu dem einen, zentralen Thema macht. Daher ist „Das Buch der Augen“ ein Urban-Fantasy-Roman mit einer Protagonistin, die sich zusätzlich zu all ihren anderen Problemen auch mit ihrer psychischen Erkrankung herumschlagen muss.
4. „Prince of Thorns“
Ein weiteres Buch, das sehr wenig mit „Das Buch der Augen“ gemeinsam hat, aber dennoch eine Rolle gespielt hat, weil es mir vor Augen geführt hat, wie wirkungsvoll ein gekonnt eingesetzter Ich-Erzähler ist. Mark Lawrence schafft es, Lesende mit einem Ich-Erzähler mitfiebern zu lassen, der eigentlich perfektes Antagonisten-Material ist, und das hat mich ermutigt, Lesende in den Kopf einer Figur mitzunehmen, deren Gedanken und Handlungen bei einer distanzierteren Perspektive schwer nachzuvollziehen wären.
5. YA-Fantasy
Ein weiterer vager Einfluss war das ganze Genre von Jugendbüchern, in denen eine junge Heldin in eine düstere, magische Welt stolpert oder in denen geheime Organisationen Menschen vor Monstern schützen (z.B. „Die Chroniken der Unterwelt“). Ich musste der aus gutem Grund beliebten Grundidee jedoch ein paar Twists verpassen und die Überforderung der jungen Dämonenjäger*innen betonen, um die Geschichte zu erhalten, die ich haben wollte.
Visuelle Einflüsse
Ich habe natürlich meine visuellen Einflüsse für „Das Buch der Augen“, aber es gibt nicht ein bestimmtes Werk, das mich besonders beeinflusst hat. Ich denke, das „Hotel Labyrinth“ ist noch ein bisschen von der Zeit beeinflusst, in der ich noch mehr Steampunk gelesen habe, und ich denke, die etwas futuristischere Ausrüstung der Elstern hat einiges damit zu tun, dass ich so ab 2018 zunehmend Science Fiction für mich entdeckt habe. Ein weiterer visueller Einfluss für die Grauzone waren mein Faible für gotische Architektur sowie ein paar vage Erinnerungen an die Kunst von H.R. Giger.
Keine Einflüsse
Und, als kleiner Bonus, noch ein paar Bücher/Franchises, bei denen ich froh bin, dass sie mir erst nach dem Beenden des ersten Entwurfs von „Das Buch der Augen“ begegnet sind, weil sie mich sonst verunsichert oder eben doch sehr beeinflusst hätten.
1. „Ring Shout“
P. Djèlí Clarks genialer Kurzroman über eine Schwarze Monsterjägerin in den USA der 20er erzählt die gradlinige, aber auch mit einer Menge Tiefe und Gesellschaftskritik aufgeladene Geschichte einer jungen Frau, die sich persönlichem Trauma stellen muss, um Monster zu besiegen, so viel besser und gesellschaftskritischer als alles, was ich je schreiben könnte, dass mich die Lektüre ein wenig entmutigt hätte. Hier ist übrigens meine Rezension zu dem Buch.
2. „Boss Designs of Bloodborne“
Ich schaue jetzt schon seit einer Weile T.B. Skyens Videos über das Spiel „Bloodborne“ und habe gemerkt, dass Bilder aus dem Spiel ein wenig beeinflussen, wie ich mir die „Grauzone“ und die Monster von „Das Buch der Augen“ vorstelle. (Ich hatte „Bloodborne“ vage durch den Miracle-of-Sound-Song „A Thousand Eyes“ auf dem Schirm, der mich auch beim Schreiben begleitet hat, aber hatte mich ansonsten nicht weiter damit beschäftigt).
Auch bei dem Spiel „Othercide“, das ich über meinen Freund entdeckt habe, sind mir einige thematische und ästhetische Parallelen aufgefallen – und das Farbschema passt perfekt zu „Das Buch der Augen“.
Musik
Beim Schreiben und Überarbeiten hat mich auch Musik begleitet. Immer wieder aufgetaucht sind Lieder der Bands „Icon for Hire“ (die Lyrics dieser Lieder sind exakt die Sorte ehrlicher, bewegender, aber auch selbstkritischer Repräsentation von Mental Health Issues, nach der ich auch in „Das Buch der Augen“ gestrebt habe), „Diary of Dreams“ und „Epica“.