Das hier ist eines der Autoreninterviews, die ich 2017 auf meinem mittlerweile gelöschten Blog "Cygnus Reviews" veröffentlicht habe. Darin spreche ich mit Erin Lenaris über ihr YA-Debüt, das zu dem Zeitpunkt noch nicht erschienen war (sogar der Titel musste noch ein Geheimnis bleiben). Mit dabei: ihre Zeichnungen ihrer Charaktere, die als erstes mein Interesse geweckt haben (das Interview erschien in meiner "Autor*in und ..." Reihe, in welcher ich Autor*innen interviewt habe, die neben ihrem Schreiben noch eine andere kreative Tätigkeit ausüben).
Ich werde demnächst ein zweites Interview mit ihr veröffentlichen, in welchem wir darüber reden, wie es nach der Veröffentlichung weiterging.
Erins Kurzbiographie
Erin Lenaris steht mit einem Bein in der Wissenschaft und mit dem anderen in phantastischen Welten. Sie verpackt aktuelle Debatten in Fachartikel und Jugendbücher, Vorlesungen und Lesefutter. Ihre Studenten und Romanfiguren begleitet sie durch alle Höhen und Tiefen in der Hoffnung auf ein Happy End für alle.
Wie kommt es zu den vielen Chamäleons in deiner FB-Chronik?
Sie spielen eine Nebenrolle in meinen Romanen. Die Hauptperson Emony hält sich ein Hauschamäleon, dem wir in der Geschichte beim Ausschlüpfen zuschauen. Der kleine Zungenschnalzer braucht viel Pflege, entwickelt aber bald seinen eigenen Willen. Weil mir dieses Detail der Romanwelt so gut gefällt, habe ich die Chamäleons zu meinem Markenzeichen gemacht. Ich nähe kleine Anstecker und Lesezeichen aus Filz und Stoff, die sich als Goodies zu meinen Lesern aufmachen werden, sobald ihre Geschichte erscheint. Bis dahin krabbeln sie quer über meine Chronik!
Schöne Idee! Das ist außerdem eine gute Überleitung zu deinen Büchern. Du hast mir ja schon erzählt, dass du noch nicht so viel verraten darfst, aber gibt es vielleicht ein oder zwei "freigegebene" Infos, die du teilen kannst?
Dieser Obertitel steht fest, wird aber noch durch einen Subtitel ergänzt. Es handelt sich um eine romantisch-dystopische Young Adult-Reihe, die aktuelle Umweltdebatten in ein spannendes Zukunftsszenario verpackt. Die Ich-Erzählerin Emony will sich mit den Umständen nicht abfinden und macht durch ihre Aufmüpfigkeit haarsträubende Entdeckungen. Damit wird sie zur Gefahr für die Machthaber, gerät selbst aber umso mehr in die Schusslinie. Und dann ist da noch Kohen, Emonys Ausbilder. Mal hilfsbereit, mal düster … sie weiß nicht so recht, welche Rolle er spielt. Doch sie will es herausfinden!
Ich bin vor allem durch deine Zeichnungen der Hauptfiguren auf dich aufmerksam geworden und so auf die Idee gekommen, dich zu diesem Thema zu interviewen. Wie entsteht eine solche Zeichnung? Hast du die Figuren erst gezeichnet nachdem sie in deinem Kopf Gestalt angenommen haben und du vielleicht schon eine Weile über sie geschrieben hast? Sind sie schon früh entstanden und haben dir geholfen herauszufinden, wer deine Figuren sind? Oder trifft vielleicht etwas ganz anderes zu?
Diese Portraits habe ich tatsächlich erst gezeichnet, als schon einiges geschrieben war. Ich hätte viel früher damit anfangen sollen! Grundsätzlich starte ich immer mit einem Figurenfragebogen. Der liest sich wie eine Mischung aus polizeilichem Steckbrief, psychologischem Gutachten und Freundschaftsalbum. Dann suche ich nach Inspirationsbildern zu meinen Charakteren. Meistens werde ich bei Portraitfotografen, manchmal auch in Filmgalerien fündig. Es gibt aber nur selten Fotos, die alle Eigenschaften meiner Figuren abbilden. Daher greife ich zu meinen Bleistiften und verschmelze verschiedene Anregungen in ein Gesamtbild. Ich liebe den Moment, wenn ich die Augen ausmale und die Figur plötzlich lebendig wird! Auf die Art lerne ich meine Protagonisten viel besser kennen.
Das klingt, als würde deinen Büchern eine Menge Vorarbeit vorausgehen. Überlegst du dir Figuren und wirfst sie dann zusammen, um zu sehen, was passiert, oder hast du bereits die gesamte Handlung geplant, bevor du zu schreiben anfängst?
Ich bin ein absoluter Planungsfreak! So sind meine Notizen gut und gerne mal 40.000 Wörter lang, bevor ich mit dem Ausformulieren beginne. Den Anfang macht der Schauplatz. Ausgehend von der Frage „Was wäre, wenn?“ entwerfe ich eine Welt mit einem speziellen Problem und denke mir dazu passende Landschaften, Gesellschaftssysteme, Bräuche, Berufe usw. aus. In diese Welt setze ich dann
eine rebellische Protagonistin mit einer besonderen Eigenschaft, die ihr das Leben richtig schwer macht. Wenn ich sie jetzt noch mit Freunden und Feinden gegensätzlicher Charaktere umgebe, gibt es jede Menge schönen Konfliktstoff! Mit diesem Material gerüstet entwerfe ich den groben Handlungsverlauf und arbeite ihn nach der „Schneeflockenmethode“ schrittweise aus. Erst wenn ich schon sehr genau weiß, was ich sagen möchte, fasse ich die Geschichte in Worte.
Von so viel Organisation kann ich nur träumen! Ich überlege mir zwar mittlerweile mehr im Voraus und mache mir mehr Notizen als noch ganz am Anfang. Trotzdem muss ich immer erst eine Weile drauflos schreiben, um ein Gefühl für die Figuren zu bekommen, bevor ich dann den Rest des Buches planen kann. Gab es trotz deiner ausgiebigen Planung Figuren und Szenen, die dich beim Schreiben überrascht haben?
Große Überraschungen gab es im Schreibprozess bisher kaum, aber einige Nebenfiguren waren mit ihrer Rolle unzufrieden. Sie lagen mir immer wieder in den Ohren, dass ich ihnen noch mehr Backstory geben soll – die sie dann auch bekommen haben. Mein Schurke hat mich genauso zur Brust genommen: „Hey, du musst schon auch erwähnen, warum ich so drauf bin!“ Da hatte er natürlich Recht, schließlich ist der Fiesling der Held seiner eigenen Geschichte.
Stimmt - und ich kann mir vorstellen, dass die Geschichte davon profitiert hat. Um noch einmal auf deine Bilder zurückzukommen: Neben Figurenportraits und Chamäleons hast du auch zwei „Stimmungscollagen“ zu deinem Buch auf FB geteilt. Was hat es damit auf sich? Gibt es bestimmte Bilder, die dich beim Schreiben begleitet/ inspiriert haben?
Oh, ja! Meine Festplatte ist voll mit Siedlungsbunkern, Kraftwerken, Magnetpistolen, Wüstenbuggys, Stealth-Umhängen und Galakleidern. Im Internet nach Bildern zu surfen ist doch die schönste Ablenkung, oder? ;-) Das nehme ich immer als Ausrede, wenn ich gerade nicht schreiben will, schließlich helfen die Illustrationen ja wirklich bei der Ausgestaltung meiner Welten. Grandiose Inspirationen finde ich meistens in der Concept Art für Computerspiele oder Filme. Wenn ich mit meinen Figuren in diese detailreichen Darstellungen eintauche, kommt das Kopfkino so richtig in Gang. Weil ich diese Bilder leider nicht auf Facebook zeigen darf, habe ich Moodboards aus frei verfügbaren Fotos gemacht. Ich hoffe, sie vermitteln euch einen ersten Eindruck von meinen Schauplätzen!
Ich habe auch schon Witze darüber gemacht, dass ich unbedingt "Drúdir 2" schreiben muss, damit ich es als Recherche bezeichnen kann, wenn ich mich durch Bilder von Ballkleidern aus dem 19. Jahrhundert klicke. Gab es Reaktionen auf die Bilder oder die Ankündigung der Veröffentlichung, die dich überrascht haben?
Kohen wurde anhand meiner Zeichnung für James Dean oder Humphrey Bogart gehalten – dabei gebe ich meinen Figuren für das Jahr 2210 einfach gerne 50er Jahre-Frisuren! Besonders geehrt haben mich die Anfragen zweier Kollegen, die ihre neuen Bücher gerne von mir illustriert hätten. Ich würde das unglaublich gerne machen, aber mein Hauptberuf macht das leider unmöglich. Ich finde ja schon kaum Zeit, meine eigenen Projekte zu verfolgen!
Zu meiner geplanten Veröffentlichung kann ich leider noch keine Details verraten, aber meine lieben Autoren- und Bloggerkolleginnen freuen sich trotzdem schon mit mir. Das gibt mir eine Menge kreativen Schwung! Ich brenne schon richtig darauf, euch bald mehr über die Geschichte zu erzählen.
Das kann ich mir vorstellen. Ich bin jetzt nach dem Interview auch gespannt darauf, mehr über deine Bücher zu erfahren. Wann wird dein erster Band erscheinen?
Du machst mir eine Riesenfreude! Der Erscheinungstermin wird im Sommer 2018 sein - bis dahin haben meine Lektorin und ich noch genug Zeit, der Geschichte den letzten Schliff zu verpassen.
Das klingt, als würde eine aufregende Zeit vor dir liegen. Viel Erfolg und vielen Dank für das Interview.
Auch dir ganz lieben Dank, viel Erfolg mit Drúdir und deinem Blog!
Und zum Abschluss noch ein Bild aus Erins Chamäleon-Werkstatt